„Weniger ist mehr“

Online- Friedensgebet – Donnerstag, 26. März 2020

Mit der Form der Friedensgebete jeweils am letzten Donnerstag im Monat laden wir ein zu Texten, Musik und Gebet.


Jazz-Choral-Vorspiel: Nun danket all und bringet Ehr (EG 322)
(Bertold Becker, Piano; Joachim Fitzon, Kontrabass; David Herzel, Schlagzeug; CD Choral-Jazz VOL I)



Zur Begrüßung

„Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“

Mit diesen Worten beginnen wir in der Regel unsere Monatlichen Friedensgebete in der Süsterkirche. Diese Worte sollen auch heute die ersten unseres heutigen Friedensgebets sein, das ganz anders ist, als wir es vor Wochen gedacht hatten.
Seit der ersten Planung zum Thema „Weniger ist mehr“ hat sich alles, was wir inhaltlich angedacht hatten, völlig verschoben. Manche reden gar von Krieg, wenn sie an die Bekämpfung des Corona Virus denken – ein völlig neuer Aspekt für „Frieden auf Erden“. Und „Weniger ist mehr“ bekommt eine ganz neue Bedeutung, weil uns fast täglich verordnet wird, mit wieviel weniger wir ab sofort erst einmal auskommen müssen.
Unser aller aktuelles „WENIGER“ nimmt uns wesentliche Teile unserer persönlichen Bewegungsfreiheit, es nimmt uns unsere Gottesdienste und unser Zusammensein heute, es verhindert geplante ebenso wie zufällige Begegnungen, es verhindert Besuche und Feiern.
Wo ist das „MEHR“?
Da sind zuerst mehr Sorgen. Sorgen um uns selbst, weil wir von einer Krankheit bedroht sind, die vor wenigen Wochen noch niemand kannte. Sorgen, die zunehmen, weil wir mitgeteilt bekommen, dass wir einer Risikogruppe angehören. Sorgen um Gesundheit und Leben von Eltern, Kindern, Enkeln, Freunden. Sorgen, die uns die Bilder der italienischen oder spanischen Realität bereiten: über tausend Tote an nur zwei Tagen. Kolonnen von Militärfahrzeugen, die Särge abtransportieren. Wir hatten uns bei unseren ersten Überlegungen ein ganz anderes „MEHR“ vorgestellt.
Die neue Situation, die uns alle überrascht hat, die uns mit Problemen konfrontiert, deren Dimension wir immer noch nicht wirklich abschätzen können, veranlasst uns zu neuem Nachdenken.
Weniger ist mehr – dieser Satz gewinnt eine erweiterte Bedeutung, die vielleicht und hoffentlich über die aktuelle Situation hinaus Wirkung behalten wird.
Wir lernen und erfahren, dass wir mit weniger auskommen müssen und es können. Wir halten inne und entdecken, dass es Dinge – Werte – gibt, die längst verschüttet waren. Weniger wird plötzlich mehr, weil ein Nachbar, der bisher kaum wahrgenommen wurde, klingelt und mit dem gebotenen Sicherheitsabstand fragt, ob er helfen kann. Wir erinnern uns, dass wir doch schon lange hier oder da mal wieder anrufen wollten – jetzt tun wir es. Einige merken, dass ihnen die Kirche, in der sie schon lange nicht mehr waren, jetzt plötzlich fehlt, weil sie nicht hingehen dürfen. Ob sie nach der Krise kommen? Vielleicht erreicht uns ja Gott leichter, weil wir jetzt mehr zu Hause sind und ihm schlechter ausweichen können.
Die Belastungen für unsere bedrohte Erde werden geringer, weil wir sie weniger zerstörend nutzen. „WENIGER“ ist da sicher an manchen Stellen schmerzhaft – aber vielleicht können wir etwas davon bewusst in die Zeit nach dem Virus hinüberretten als „MEHR“ für uns alle.
Wir können in dieser Zeit, die unser Leben einschränkt, lernen, dass weniger Ablenkung zu mehr Nachdenken führen und eine ganz neue Sicht vermitteln kann. Wenn wir uns alle schon – zu Recht – von diesem unsichtbaren Virus bedroht fühlen, wie viel mehr müssten wir uns dann mit gleicher Wucht den Problemen zuwenden, die wir täglich sichtbar vor Augen haben. Da gibt es Raum für ein weniger an Sorglosigkeit, Unvernunft, Verschwendung und Zerstörung. Da gibt es Raum für ein deutliches mehr an Frieden mit unserer Umwelt – auch um dadurch unser Leben und unsere Gesundheit so engagiert zu schützen, wie wir es im Augenblick tun. Weniger „ich“ wird dann mehr „wir“. Auch so gewinnt der Eingangssatz neue nachhaltige Bedeutung:
Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden.
(Horst Haase)

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Musik: O komm du Geist der Wahrheit (EG 136)
(Bertold Becker, Piano; Joachim Fitzon, Kontrabass; CD: FastEnJazz)



Einkehr in die Stille
Auszüge aus Psalm 62 in der Übersetzung der Basisbibel


FÜR DEN CHORLEITER, FÜR JEDUTUN.
EIN PSALM, MIT DAVID VERBUNDEN.
2 Nur bei Gott schweigt meine Seele still.
Von ihm kommt Hilfe, die ich nötig habe!
3 Nur er ist mein Fels und meine Rettung –
meine feste Burg, sodass ich nicht wanke.
4 Wie lange wollt ihr gegen einen allein anstürmen?
Wollt ihr denn alle vereint gegen ihn anrennen –
wie gegen eine Hauswand, die sich schon neigt,
wie gegen eine Stadtmauer, die gleich einstürzt?
5 Sie planen, ihn aus seiner hohen Stellung zu stürzen.
Wenn es dazu beiträgt, lügen sie gern.
Mit dem Mund segnen sie,
aber in ihrem Herzen fluchen sie. SELA!
6 Nur bei Gott schweigt meine Seele still.
Von ihm kommt Hilfe, die ich nötig habe!
7 Nur er ist mein Fels und meine Rettung –
meine feste Burg, sodass ich nicht wanke.
8 Auf Gott gründet sich meine Freiheit und Würde.
Mein starker Fels! Bei Gott ist meine Zuflucht.
9 Vertraut ihm zu jeder Zeit, ihr aus dem Volk!
Schüttet euer Herz aus vor ihm!
Gott ist unsere Zuflucht. SELA!


***
Musik: Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden


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Höre die Stille

Still werden und hören – 

Das Beten ist sehr schwer,
wenn man nicht weiß, wie man beten soll,
aber wir müssen einander helfen, es zu lernen.
Das Wichtigste ist die Stille.
Menschen, die das Gebet lieben, lieben die Stille.
Wir werden uns nicht in die Gegenwart Gottes versetzen können,
ohne uns zu einer inneren und äußeren Stille zu zwingen.
Deshalb müssen wir uns an eine Stille des Geistes, der Augen und der Zunge gewöhnen.
Gott ist der Freund der Stille.
Wir müssen Gott finden,
wir können ihn aber weder im Lärm noch in der Betriebsamkeit finden.
Seht, wie die Natur, die Bäume, die Blumen, das Gras in einer tiefen Stille wachsen, wie Sterne, Mond und Sonne in der Stille auf- und untergehen.
(Mutter Teresa von Kalkutta) 

(Bildbearbeitung: Rainer Nuß)

Du sollst dich selbst unterbrechen

Zwischen
Arbeiten und Konsumieren
soll Stille sein
und Freude,
dem Gruß des Engels zu lauschen:
Fürchte dich nicht!

Zwischen
Aufräumen und Vorbereiten
sollst du es in dir singen hören,
das alte Lied der Sehnsucht:
Maranata, komm, Gott, komm!

Zwischen
Wegschaffen und Vorplanen
sollst du dich erinnern
an den ersten Schöpfungsmorgen,
deinen und aller Anfang,
als die Sonne aufging
ohne Zweck
und du nicht berechnet wurdest
in der Zeit, die niemandem gehört
außer dem Ewigen.

(Dorothee Sölle – zitiert nach: der andere adventskalender 2009/2010, 30.11. Andere Zeiten e.V. Hamburg 2009)

(Bildbearbeitung: Rainer Nuß)

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Heute will ich mich besuchen
Hoffentlich bin ich zuhause (Karl Valentin)
    Auf der Flucht vor mir selbst
    Mir eine Atempause verschaffen
Denn die längste Reise
Ist die Reise nach innen (Dag Hammerskjöld)
Und ich bin außer Übung

    Meine Fliehkraft reduzieren
    Und das Eiltempo senken
Meine Zukunftspläne überdenken
Und den Lebensstil entsprechend gestalten
    Meine Lei(d)tlinien überprüfen
    Und den Leitfaden neu verlegen
Anknüpfungspunkte finden
Und das Beziehungsnetz neu knüpfen
    Lernschritte wagen
    Und die Trendwende einleiten
Die Richtung korrigieren
Und einen Kurswechsel vollziehen
    (Br. Stefan Federbusch; Quelle unbekannt)


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Ich bin so hungrig und fühle mich so satt!
Dieser Satz aus einem Song der 1970-er von Klaus Hoffmann kommt mir in den Sinn …
Die Ideologie des Kapitalismus gaukelt uns noch immer vor: Das Glück des Menschen, seine Sehnsucht nach Harmonie und Frieden sei gerade mit den immanenten Motiven dieses grandiosen Wirtschaftssystems wie Konkurrenz, Egoismus, Habgier und Selbstsucht zu erreichen. Allerdings machte es die sozialistische Welt auch nicht besser. Im Osten und Westen sollte daran geglaubt werden: Je mehr produziert wird, umso erfolgreicher sei das System, um so zufriedener die Menschen, die darin leben. Das Ziel des Lebens sei der uneingeschränkte Genuss eines Optimums an materiellen Freuden, erstrebenswert sei das Vergnügen eines Schlaraffenlandes, bequem, komfortabel und ohne Anstrengung. Allein die Existenz eines Verlangens, sei Grund und Recht genug, es zu befriedigen.
Als in den 70 Jahren die Öko-Bewegung aufkam, wurde „Weniger ist mehr“ ein beflügelndes Schlagwort. Der Club Of Rome zeigte in „Grenzen des Wachstums“ bereits die Folgen des ungebremsten Konsums auf. Aus „Weniger ist mehr“, also einer Reduzierung in Verbrauch von Gütern, wurde sukzessive ein „Gerne auch mehr, wenn es ein ökologisches Mehr ist“: Mehr Energie pro Kopf - aber bitte mit Filteranlage, mehr Wohnraum pro Kopf – aber bitte in energetisch pfiffigen Häusern, weniger Benzinverbrauch – dann können auch die Autos schwerer werden, etc. pp. Die Ideologie der materiellen Beglückung und Bequemlichkeit hat unser „Weniger ist mehr“ wanken lassen.
Unsere Kinder fragen: Was fang ich an mit meinem Leben? Wozu gebrauche ich meine Kraft? Sie und wir spüren ein emotionales Dilemma: Wir sind so hungrig und fühlen uns so satt! Und wir erfahren gemeinsam: Unsere Entscheidungen fallen nicht einfach zwischen Konsum oder Verzicht, sondern mit dem, was uns im Herzen erfüllt und bewegt, was wir in Hingabe und Liebe leben, empfangen und verschenken. Davon erfüllt, können wir den Ideologien eines materialistischen Heilsversprechens trotzen.

Vom Weinstock und den Reben
Dem Weinstock werden die Reben
im Herbst so furchtbar schwer,
und um zu überleben,
gibt er sie einfach wieder her.

Das mag ich so an den Bäumen:
ihr Wissen um Sterben und Sucht.
Was sie sich im Frühjahr erträumen,
verteilen sie später als Frucht.                     Konstantin Wecker - Songtext



Mir kommt ein Text der Bibel in den Sinn:

Lukas 12, 16 ff.: Der reiche Kornbauer
16 Und Jesus sagte ihnen ein Gleichnis und sprach:
Es war ein reicher Mensch, dessen Land hatte gut getragen.
17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.
18 Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Güter 19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!
20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wem wird dann gehören, was du bereitet hast?
21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

(Rainer Nuß)

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Musik: Konstantin Wecker " Vom Weinstock und den Reben " Live 2015


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Weniger ist nur mehr, wenn wir wissen, das weniger leer ist.

Bei dem Titel „Weniger ist mehr“ kam mir zuerst eine Assoziation zu einem Plakat und einer Aktion von Brot für die Welt aus dem Jahr 2008.
Mit dem Plakat und der Aktion protestierte Brot für die Welt gegen den weltweiten Hunger und dessen Ursachen.
Laut UNICEF starben 2016 weltweit 5,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren aus weitgehend vermeidbaren Gründen. Das sind rund 15.000 Kindern am Tag.
Wir ändern grade fast alle gesellschaftlichen Gewohnheiten, um Menschenleben zu retten.
Warum ändern wir uns erst jetzt? – Weniger ist leer.

Der heutige Generalsekretär und frühere Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, hat im Frühjahr 2015 die Regierungen Europas gebeten, Geld zum Überleben der syrischen Flüchtlinge in den Lagern der Nachbarländer Syriens zu geben. Die UNO könne die Menschen nicht mehr ernähren ... Niemand ließ sich erbarmen ... Viele Menschen machten sich auf den Weg nach Europa, um zu überleben. Denn: „Weniger ist leer“.

Mittlerweile stehen an der türkisch-griechischen Grenze und in den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland erneut Tausende von entwurzelten Menschen vor den Toren Europas.
Europa fürchtet angesichts der Krise durch Corona um sich selbst. Es ist erstaunlich, wieviel mehr an Ressourcen Europa plötzlich aufzubringen vermag – aber nicht für die Menschen an seinen Grenzen.

Weniger ist nur mehr, wenn wir wissen, dass weniger leer ist.

Im Evangelium nach Matthäus lese ich:
Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz.
(Mt 6,19-21)

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. (Mt 6,33-34)

(Joachim Poggenklaas)

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Ein Link zum Weiterdenken:
Aufnehmen statt sterben lassen

Ein Link zum Weiterhören:
Musik: Dota – Grenzen (Live-Session)


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Weniger ist mehr – ein Versuch

„Wir leben das Leben in wachsenden Ringen“ (Rilke)
und werden darin nicht alles vollbringen
was wir uns träumen und wünschen und denken,
doch sind es wir selber, die wir uns lenken.
Wir können Neues ins Auge fassen,
selbst wenn es bedeutet, Geplantes zu lassen.
Manches gelingt zu ganz anderen Zeiten
Wir müssen dazu unseren Horizont weiten
Was einmal nicht wird, das kann neu gelingen,
Wir leben das Leben in wachsenden Ringen.

Manchmal sind wir richtig beschenkt,
– als wären die Schritte heilvoll gelenkt –
wenn aus Schwäche eine Kraft entsteht,
eine Kraft, die wir teilen, weil sie alles durchwebt –
die trägt und segnet und heilvoll belebt ...

sie kommt auch in Stille, im Lassen, im Ruh´n,
zuweilen müssen wir dafür gar nichts tun.
Paulus nannte sie Gnade, diese Segenskraft,
weil sie aus dem Nichts alles erschafft.
Sie ist unser Grund – wie eine Hand, die uns hält
und uns ganz neu auf die Füße stellt.

Vielleicht werden nicht alle Pläne gelingen,
wir leben das Leben in wachsenden Ringen
doch: Was nicht ist, das kann noch werden
zum Beispiel der große Frieden auf Erden,
wir brauchen Geduld – und einen Atem ganz lang
wir werden und sind ein Lobgesang,
der die Schöpfung besingt und das Leben,
in Schwächen und Stärken die Güte als Segen.

Die Güte sucht und findet das Gute.
Mit Güte ist uns ganz anders zumute,
Wir können so lernen, mit vielem anders umzugeh’n
und sogar zu unseren Schwächen zu steh’n.
Denn es muss nicht immer alles gelingen
Wir leben das Leben in wachsenden Ringen ...

Am Ende ist vielleicht Nichtkönnen eine Stärke
weil wir nicht vertrauen auf unsere Werke,
Leistung und Kraft und Pläne und Ziele,
die sollen sofort – und möglichst ganz viele –
gelingen.
Was ist mit dem Leben in wachsenden Ringen?

Manches braucht Zeit, um kraftvoll zu werden,
wie zum Beispiel der Frieden auf Erden.
Manches muss man auch lassen –
Und etwas neu ins Auge fassen.
Wir brauchen Geduld – und einen Atem ganz lang,
wir werden und sind ein Lobgesang,
der die Schöpfung besingt und das Leben,
in Schwächen und Stärken die Güte als Segen.

Die ganze Schöpfung ist voll Gesang,
das Leben ist ein weiter Klang,
wir sind nur ein Teil von alledem
geschaffen aus Erde, aus einer Handvoll Lehm
wir sind nicht das Ganze, nur ein Teil,
wir sind nicht die Schöpfung und nicht ihr Heil.

Darum gilt es, mit Grenzen zu leben.
Die Schöpfung, sie zeigt, was wird, wenn wir streben
nach Mehr und Weiter und Jetzt und Sofort.
Am Ende ist es, als wäre es Mord.
Weil wir das Lassen nicht lernen wollen
und Grenzen keinen Respekt mehr zollen.
Als wären Bescheidenheit und Begrenzungen kein Ziel,
weil wir in ihnen nicht die Größe sehn,
die es braucht, um zu verstehen:
„Alles“ zu wollen ist einfach zu viel.
Es bewirken Zeit und Raum,
um etwas anderem zu trau’n,
das entsteht, wenn wir lassen und ruhen und ändern
in uns, in Gesellschaft und ganz vielen Ländern,
es klingt ganz einfach und ist doch schwer:
Am Ende ist einfach weniger mehr.

Das gilt auch für das persönliche Leben,
in dem wir oft nach Dingen streben,
die wir wollen und denken, wir müssten sie machen,
es ist wie mit allen anderen Sachen
jetzt und sofort und schnell und mehr
als gäbe es keine Wiederkehr
als lebten wir nicht in wachsenden Kreisen
und müssten es uns selber beweisen,
dass wir alles können und tun,
nur nicht lassen – oder ruh’n.

Wie können wir andere Wege beschreiten
und unseren engen Horizont weiten,
indem wir lassen – und nicht mehr tun,
vielleicht müssen wir dazu mehr im Inneren ruh’n
Es ist auch hier – wie im großen Ganzen
sehr schwer, aus der Reihe zu tanzen
und etwas zu beginnen, was neu ist und schwer:
Am Ende ist einfach weniger mehr.

(Bertold Becker)

***

Musik: Janne Mark "Igen berørt / Touched once again" from "Pilgrim"


***

Ökumenisches Gebet in Zeiten der Corona-Krise
Guter und barmherziger Gott!
In Zeiten von Verunsicherung und Krankheit kommen wir gemeinsam zu dir und werfen alle unsere Sorgen auf dich.
Du schenkst uns neue Zuversicht, wenn uns Misstrauen und Unsicherheit überwältigen.
Du bleibst uns nahe, auch wenn wir Abstand voneinander halten müssen.
Wir sind in deiner Hand geborgen, selbst wenn wir den Halt zu verlieren drohen.

Wir bitten dich:
für alle Menschen, die sich mit dem Corona-Virus angesteckt haben und erkrankt sind;
für alle Angehörigen, die in tiefer Sorge sind;
für alle Verstorbenen und für die, die um sie trauern;
für alle, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben und um ihre Existenz fürchten.
Sei ihnen allen nahe, gib ihnen neue Hoffnung und Zuversicht,
den Verstorbenen aber schenke das Leben in deiner Fülle.

Wir bitten dich:
für alle Ärztinnen und Ärzte, für alle Pflegenden in den Kliniken, Heimen und Hospizen;
für alle, die Verantwortung tragen in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft;
für alle, die uns Tag für Tag mit dem Lebensnotwendigen versorgen;
für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger, die den Menschen Gottes Frohe Botschaft zusagen.
Sei auch ihnen nahe und schenke ihnen Kraft, Mut und Zuversicht.

Wir bitten dich:
für die jungen Menschen unter uns, die Kinder und Jugendlichen,
für alle, die um ihre Zukunft fürchten,
für die Familien, die die erzwungene Nähe nicht gewohnt sind,
für alle, die die Betreuung von Kindern und Jugendlichen übernommen haben.
Sei ihnen allen nahe, schenke ihnen Geduld und Weitsicht, Verständnis und Hoffnung.

Wir bitten dich:
für die Menschen weltweit, deren Gesundheit an jedem Tag gefährdet ist,
für alle, die keine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen können,
für die Menschen in den Ländern, die noch stärker von der Krankheit betroffen sind.
Sei ihnen allen nahe und schenke ihnen Heilung, Trost und Zuversicht.

Auch bitten wir dich für uns selbst:
Lass uns trotz aller Sorgen den Blick für die anderen nicht verlieren und ihnen beistehen.
Mache uns bereit, Einschränkungen in Kauf zu nehmen
und lass uns dazu beitragen, dass andere Menschen nicht gefährdet werden.
Erhalte in uns die Hoffnung auf dich, unseren Gott,
der uns tröstet wie eine liebende Mutter und der sich aller annimmt.
Dir vertrauen wir uns an.
Dich loben und preisen wir, heute und alle Tage unseres Lebens bis in Ewigkeit.

Wir beten mit der ganzen Christenheit auf Erden: Vater unser…


Ein Reisesegen

Durchatmen
bis in die Mitte
Atem holen
Innehalten

Aus- und Eingang
Atmen
Lassen
Stille

Lebenskraft spüren
Fülle fühlen
Gott loben
Visionen
Träume einer anderen Zukunft
„Das Reich Gottes ist mitten unter Euch“
Halleluja singen
Weitermachen

Und dann
Morgens zur Auferstehung
Und abends im Frieden der Nacht

Durchatmen
lassen
Halleluja singen

***

Musik: Verleih uns Frieden gnädiglich (eg 412)
(Pia Schiering, Gesang; Bertold Becker, Piano; Joachim Fitzon, Kontrabass; CD: FastEnJazz
Live-Mitschnitt eines Konzertes in der Süsterkirche Bielefeld, März 2010)